Rot-Grüner Koalitionsvertrag: Für Hamburg wäre mehr drin gewesen!
Den Entwurf eines rot-grünen Koalitionsvertrags für den Hamburger Senat in der 22. Legislaturperiode kommentiert der Vorsitzende des Industrieverband Hamburg, Matthias Boxberger, wie folgt:
"Der heute vorgestellte Koalitionsvertrag ist in einer schwierigen Zeit entstanden, was Respekt verdient. Aber aus Sicht der Industrie ist der Vertrag weder standortpolitisch ambitioniert noch im Ressortzuschnitt schlüssig. Hamburg hätte hier mehr verdient! Gerade mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise. Entscheidende Herausforderungen werden im Koalitionsvertrag benannt. Aber der Vertrag beschäftigt sich zu sehr damit, wie wir in unserer Stadt leben wollen, und zu wenig damit, wie wir die wirtschaftliche Basis dafür verbessern. Die Hamburger Industrie hätte erwartet, dass Rot-Grün auch die Kraft gefunden hätte, eine klare Zielvorstellung für die wirtschaftliche Zukunft Hamburgs zu benennen, anstatt nur bereits bekannte Projekte erneut aufzulisten.
Ohne Antworten bleiben zentrale Fragen: Wie schaffen wir es, den Hafen wieder in die Offensive zu bringen? Wie setzt die Politik die OECD-Empfehlungen für eine bessere Zusammenarbeit im Norden konkret um? Wie wird in der Wissenschaft die Aufholjagd gegenüber den Südländern konkret aussehen? Schließlich: Warum werden entscheidende Infrastrukturprojekte für Hamburgs Zukunft, wie die Hafenpassage, von Teilen des Senats immer wieder in Frage gestellt? Vielmehr brauchen wir entschlossenes Handeln für die Umsetzung der Infrastruktur-Großprojekte!
Ich hoffe sehr, dass Zielkonflikte im Verwaltungshandeln der unterschiedlich geführten Behörden ausbleiben und insbesondere der Neuzuschnitt der Verkehrsbehörde nicht zu unnötigen Verzögerungen bei den wichtigen Verkehrsprojekten führt. Verkehrspolitik ist Wirtschaftspolitik! Deshalb fehlt uns das Verständnis dafür, dass das Thema Verkehr – kurz vor dem ITS-Weltkongress in Hamburg – in diesem Senat offensichtlich nicht mehr Ressort übergreifend bearbeitet wird.
‚Die ganze Stadt im Blick‘ ist ein Versprechen, dem der Senat nun auch Taten folgen lassen muss. Ich begrüße das eindeutige Senats-Bekenntnis zum ‚Masterplan Industrie‘ und zum ‚Bündnis für die Industrie der Zukunft‘. Es ist notwendig, diese bereits beschlossenen Vereinbarungen nun noch stärker in der gemeinsamen Verantwortung umsetzten und mit Leben zu füllen. Jetzt kann es sich als Glücksfall erweisen, dass Senat und Industrie ihre Hausaufgaben bereits vor der aktuellen Krise gemacht haben.
Bereits in der New Economy Krise 2001 und der globalen Finanzkrise 2008 war es die Industrie, die einen entscheidenden Anteil daran hatte, dass Deutschland wieder auf den Wachstumspfad zurückgefunden hat. Und das ist auch unser Anspruch und unser Angebot für die Überwindung der Coronakrise."
Der IVH vertritt die Interessen der produzierenden Unternehmen und deren Partner in Hamburg, Deutschlands größter Industriestadt nach Bruttowertschöpfung. Der IVH hat 270 Mitglieder und ist die rechtlich selbständige Landesvertretung Hamburg des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI).